TransBIB – Boost. Industrial. Bioeconomy.

Introducing the TransBIB Competence Pool - In conversation with Arne Gröngröft

Arbeitsgruppenleiter Trennverfahren und Prozessentwicklung | Deutsches Biomasseforschungszentrum, Leipzig

Dr. Manfred Kircher: Guten Morgen, Herr Gröngröft! Ich freue mich auf unser Gespräch.

Arne Gröngröft: Guten Morgen!

Dr. Manfred Kircher: Sie sind Kompetenzträger im TransBIB Kompetenzpool. Ihr Fachgebiet ist die Bioökonomie, und Sie engagieren sich für deren Weiterentwicklung in Deutschland. Was hat Ihr Interesse an diesem Bereich geweckt, und wie sind Sie dazu gekommen?

Arne Gröngröft: Mein Weg in die Bioökonomie war eher iterativ. Ursprünglich wollte ich Ingenieur werden und begann ein Maschinenbaustudium. Mir fehlte jedoch eine tiefere Motivation für das Fach, weshalb ich mich umorientierte. Durch mein Interesse an Nachhaltigkeit, erneuerbaren Energien und Umwelttechnik wechselte ich in die Verfahrenstechnik mit entsprechender Spezialisierung. Dabei stieß ich auf die Themen Bioenergie und Biokraftstoffe, was mich schließlich in die Bioökonomiebranche führte.

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"Durch mein Interesse an Nachhaltigkeit, erneuerbaren Energien und Umwelttechnik wechselte ich in die Verfahrenstechnik mit entsprechender Spezialisierung."
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Dr. Manfred Kircher: Wo haben Sie studiert und wann haben Sie Ihr Studium abgeschlossen?

Arne Gröngröft: Ich habe mein Studium an der Technischen Universität Hamburg 2008 beendet. Im selben Jahr wurde das DBFZ (Deutsches Biomasseforschungszentrum) gegründet, wo ich direkt als wissenschaftlicher Mitarbeiter beginnen konnte. Dort arbeitete ich mit großem Engagement an Forschungsprojekten zu nachhaltigen Biokraftstoffen der ersten und zweiten Generation sowie an Bioraffinerien. Das war ein sehr spannender Berufseinstieg für mich.

Dr. Manfred Kircher: Können Sie uns mehr über das DBFZ erzählen? Seine Arbeit beschränkt sich sicher nicht nur auf Biotreibstoffe?

Arne Gröngröft: Das DBFZ ist eine Bundesforschungsanstalt, die dem Bundeslandwirtschaftsministerium unterstellt ist. Unser Auftrag ist die Erforschung und Entwicklung der energetischen und stofflichen Nutzung von Biomasse. Am Standort Leipzig arbeiten rund 270 Mitarbeitende in verschiedenen Fachbereichen. Dazu zählt unter anderem der Bereich Bioraffinerien, in dem ich tätig bin. Aber auch biochemische und thermochemische Konversionen, systemische Biomassebetrachtungen mit Blick auf Nachhaltigkeit sowie Potenzialanalysen gehören dazu.

Dr. Manfred Kircher: Bis zu welchem Technologiereifegrad (TRL) forschen Sie, und wie anwendungsorientiert ist Ihre Arbeit?

Arne Gröngröft: Unsere Forschung reicht vom Labormaßstab bis hin zu Pilot- und Demonstrationsanlagen, also ungefähr TRL 4 bis 6, je nach Prozess. Mein Bereich konzentriert sich vor allem auf den Technikumsmaßstab.

Dr. Manfred Kircher: Wie arbeiten Sie mit Industrie und Unternehmen zusammen? Ist das die Regel oder eher die Ausnahme?

Arne Gröngröft: Wir führen sowohl Direktaufträge für Unternehmen durch als auch Kooperationen im Rahmen öffentlich geförderter Verbundvorhaben. Unsere Forschung ist stets anwendungsorientiert, mit dem Ziel, Technologien zur Marktreife zu bringen.

Dr. Manfred Kircher: Damit ist das DBFZ auch ein wichtiger Baustein, um die Bioökonomie in Deutschland technologisch voranzubringen. Was ist derzeit Ihre Position und Aufgabenstellung im DBFZ?

Arne Gröngröft: Ich leite seit 2011 die Arbeitsgruppe "Trennverfahren und Prozessentwicklung". Unser Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Trennverfahren und Aufbereitungskaskaden für biobasierte Produkte. Wir trennen Produkte vor allem aus wässrigen Lösungen oder Suspensionen ab, die durch Fermentationsprozesse oder andere Aufschlussverfahren enthalten sind.

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"Während ein Bioraffinerie-Prozess oft nur wenige Konversionsschritte umfasst, entfallen rund 80 % der Investitionen auf Trenntechnik."
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Dr. Manfred Kircher: Trennverfahren sind ein oft unterschätzter, aber essenzieller Bestandteil bioökonomischer Prozesse. Welchen Anteil haben sie an der Gesamtprozessentwicklung?

Arne Gröngröft: Tatsächlich sprechen Sie einen Punkt an, den wir genauso sehen, weshalb wir uns gezielt auf dieses Feld konzentriert haben. Während ein Bioraffinerie-Prozess oft nur wenige Konversionsschritte umfasst, entfallen rund 80 % der Investitionen auf Trenntechnik. Sie haben also einen sehr großen Anteil an der Gesamtprozessentwicklung.

Dr. Manfred Kircher: Ein Punkt, der im Wettbewerb von bioökonomischen Verfahren mit konventionellen Verfahren sehr stark zu Buche schlägt, ist doch die Produktkonzentration in den Reaktionsbrühen. Diese sind in biobasierten Verfahren oftmals geringer als bei fossilen Prozessen.

Arne Gröngröft: Das ist auf jeden Fall ein Punkt, der biobasierte Prozesse kompliziert und teuer macht. Aber auch die Zusammensetzung der Medien, mit denen wir es zu haben, wenn bspw. Feststoffe enthalten sind oder sehr unterschiedliche Bestandteile, die voneinander getrennt werden sollen, können eine Herausforderung sein. Da sind Substrate aus der Petrochemie einfacher in der Handhabung.

Dr. Manfred Kircher: Somit sind Trennverfahren ein Schlüsselfeld, um die Bioökonomie wettbewerbsfähig zu machen.

Arne Gröngröft: Dem stimme ich zu. Deshalb ist es auch wichtig, die Trenntechnik von Anfang an mitzudenken. Viele Projekte scheitern, weil erst zu spät über die Abtrennung und Aufreinigung der Produkte nachgedacht wird, um sie in vermarktbare Qualität zu überführen.

Dr. Manfred Kircher: Können Sie uns ein konkretes Beispiel für Ihre Arbeit nennen?

Arne Gröngröft: Ja, wir arbeiten mit dem Umweltforschungszentrum Leipzig zusammen an einem Verfahren zur Gewinnung mittelkettiger Carbonsäuren aus Biomasse. Dabei wird Silage fermentiert, und die gewonnene Fermentationsbrühe wird durch eine von uns entwickelte Trennkaskade aufbereitet. Industriepartner testen bereits Produktmuster für Anwendungen wie biobasierte Schmierstoffe. Derzeit sind wir dabei, die nächsten Schritte zu planen.

Dr. Manfred Kircher: Also geht es darum, Schmiermittel auf Basis von Gras-Silage herzustellen?

Arne Gröngröft: Ja, mit dem kleinen Unterschied, dass es in unserem Fall Mais-Silage ist, mit der wir gestartet haben. Mittlerweile haben wir das Verfahren auch auf Reststoffe wie Apfeltrester übertragen, wodurch wir zusätzliche Nachhaltigkeitsvorteile nutzen können.

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"Wir bieten Machbarkeitsstudien an, um neue Verfahren auszuprobieren und zu entwickeln. […] Zudem können Kollegen eingebunden werden, um Wirtschaftlichkeits- und Nachhaltigkeitsbetrachtungen oder auch Potenzialstudien gleichzeitig durchzuführen."
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Dr. Manfred Kircher: Nun haben wir Sie eingangs als Kompetenzträger im TransBIB Kompetenzpool vorgestellt und sprechen heute mit Ihnen, um sie auch als Berater einzubinden. Welche Leistungen bieten Sie als Experte an?

Arne Gröngröft: Wir bieten Machbarkeitsstudien an, um neue Verfahren auszuprobieren und zu entwickeln. Die Projekte können als Auftrag abgewickelt werden, sodass eine Geheimhaltung der Ergebnisse gesichert ist. Zudem können Kollegen eingebunden werden, um Wirtschaftlichkeits- und Nachhaltigkeitsbetrachtungen oder auch Potenzialstudien gleichzeitig durchzuführen.

Dr. Manfred Kircher: In unserem Vorgespräch haben Sie bereits erzählt, dass Sie ebenfalls Prozesse simulieren können.

Arne Gröngröft: Richtig, das ist ebenfalls ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen. Die Prozesssimulationen, mit denen wir Massenenergiebilanzen ganzer Bioraffinerien simulieren, helfen uns dabei, die Übertragbarkeit unserer Ergebnisse aus dem Technikumsmaßstab im kommerziellen, industriellen Maßstab zu bewerten. Durch die Berechnung der Massenströme einzelner Aggregate, der richtigen Anlagendimensionierung und entstehender Kosten helfen wir außerdem bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.

Dr. Manfred Kircher: Wo liegt der USP in Ihrer Arbeitsgruppe?

Arne Gröngröft: Unsere Stärke liegt in der Abtrennung aus wässrigen Suspensionen und Lösungen. Das sind oft solche Stoffsysteme, wie sie in Bioraffinerien vorkommen. Wir haben eine ganze Palette an Apparaten, die zwischen einem bis 100 Kg/h Durchsatz haben. Die Gerätschaften decken eine große Bandbreite von Trennverfahren ab – von Fest-Flüssig- bis zu Flüssig-Flüssig-Trennung. Eine Übersicht über unser Skalierungsequipment soll in Zukunft auch über TransBIB verfügbar sein. Derzeit findet man die Informationen ebenfalls auf unserer Homepage.

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"Wir haben eine ganze Palette an Apparaten, die zwischen ein bis 100 Kg/h Durchsatz haben. Die Gerätschaften decken eine große Bandbreite von Trennverfahren ab – von Fest-Flüssig- bis zu Flüssig-Flüssig-Trennung."
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Dr. Manfred Kircher: Wie können Sie sich die Zusammenarbeit mit TransBIB in Zukunft vorstellen?

Arne Gröngröft: Wir engagieren uns generell in verschiedenen Netzwerkaktivitäten, um in den Austausch mit anderen Akteuren aus der Branche zu kommen und an themenspezifischen Veranstaltungen teilzunehmen. Wir freuen uns sehr, dass es mit TransBIB jetzt auch eine deutschlandweite Aktivität gibt.

Dr. Manfred Kircher: Sie wollen TransBIB also als Zweibahnstraße nutzen: Auf der einen Seite vermitteln Sie Expertenwissen und Kompetenz in das Netzwerk, und auf der anderen Seite wollen Sie Anregungen, Anbahnung oder Projektpartnerschaften aus dem Netzwerk heraus gewinnen oder anbahnen.

Arne Gröngröft: Auf jeden Fall. Wir sind immer auf der Suche nach Vernetzung und freuen uns über Möglichkeiten zur Anbahnung von Projekten.

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"Ich freue mich darauf, die deutsche Community [im IEA Bioenergy Task 42] vertreten zu dürfen und stehe als Ansprechpartner zur Verfügung."
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Dr. Manfred Kircher: Sie sind darüber hinaus international tätig?

Arne Gröngröft: Ja, ich habe seit Anfang dieses Jahres die Ehre, National Team Leader im IEA Bioenergy Task 42 zu sein. Er trägt den Titel „Biorefining in a Circular Economy“. Hier kommen auf internationaler Ebene Experten zusammen, um sich über die Entwicklung von Bioraffinerieaktivitäten in den jeweiligen Ländern auszutauschen, um voneinander zu lernen. Thematisch behandeln wir beispielsweise Policy, aber erfassen auch aktuelle Anlagen, um einen Überblick zu erstellen. Ich freue mich darauf, die deutsche Community da vertreten zu dürfen und stehe als Ansprechpartner zur Verfügung. Bei Interesse gibt es auch jederzeit die Möglichkeit, sich zu engagieren.

Dr. Manfred Kircher: Vielen Dank, Herr Gröngröft. Das ist eine sehr interessante Botschaft, dass Sie in der Lage sind, TransBIB auch international zu vernetzen, und zwar sowohl was Technologien angeht, die aus dem Ausland kommen, als auch an den Technologietransfer aus dem Netzwerk heraus in die internationale Anwendung. Mit diesen abschließenden Worten bedanke ich mich für dieses Gespräch. Es war interessant, mit Ihnen über die Rolle von Trennverfahren in der Bioökonomie und über die Kompetenz des deutschen Biomasseforschungszentrums zu sprechen. Von Ihren Angeboten von Machbarkeitsstudien über Prozesssimulationen bis hin zu internationalen Projektanbahnungen. Ganz herzlichen Dank für dieses Gespräch, Herr Gröngröft.

Arne Gröngröft: Gerne, der Dank ist ganz meinerseits.

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Wir bedanken uns ganz herzlich bei Arne Gröngröft für das Interview.
Die Fragen stellte der TransBIB-Projektmitarbeiter Dr. Manfred Kircher.