Harmonisierung biobasierter Zertifizierungen: TransBIB bringt Akteure an einen Tisch
Wie können Zertifizierungen für biobasierte Produkte effizienter, transparenter und branchenübergreifend kompatibel gestaltet werden? Mit dieser Leitfrage luden wir von TransBIB kürzlich zu einem Stakeholderdialog ein. Gemeinsam wurde diskutiert, wie bestehende Systeme besser aufeinander abgestimmt und bürokratische Hürden abgebaut werden können – mit dem Ziel, biobasierte Wertschöpfungsketten nachhaltiger und marktfähiger zu gestalten.
Ausgangslage: Branchenübergreifende Stoffströme fordern neue Lösungen
Die Ausgangsthese war eindeutig: Biobasierte Rohstoffe und Produkte fließen zunehmend über Branchengrenzen hinweg. Diese Entwicklung macht deutlich, dass starre und sektorale Zertifizierungssysteme an ihre Grenzen stoßen. Gefordert wird ein übergreifender Ansatz, der Reststoffe, Nebenströme und innovative Materialien gleichermaßen berücksichtigt und sowohl nationale als auch europäische Nachhaltigkeitsanforderungen integriert.
In der Diskussion wurde vor allem die Notwendigkeit einheitlicher Definitionen und Kriterien betont. Uneinheitliche Terminologien, unklare Bezugsgrößen und unterschiedliche Impactfaktoren erschweren bislang die Vergleichbarkeit und Transparenz entlang der Lieferketten. Hier könnte eine Harmonisierung wesentliche Fortschritte bringen – idealerweise durch den Aufbau auf bestehenden Standards, nicht durch deren Ablösung.
Ein gemeinsamer Rahmen statt Flickenteppich
Ein zentrales Ergebnis des Workshops war die breite Zustimmung zur Idee eines übergeordneten, standardisierten Rahmens, der bestehende Zertifizierungssysteme miteinander verknüpft. Ziel ist es, Schnittstellen zwischen Branchen und Produkten zu schließen und Doppelzertifizierungen zu vermeiden.
Dabei rückten sogenannte „Chain-of-Custody“-Ansätze in den Fokus: Wo kann ein „kleinster gemeinsamer Nenner“ sinnvoll definiert werden und wo bleiben branchenspezifische Besonderheiten notwendig? Insbesondere der Digitale Produktpass wurde als mögliche Grundlage genannt, um Zertifikate künftig nicht nur transparenter, sondern auch effizienter und digital verfügbar zu machen.
Öffentliche Hand als Treiber für mehr Marktdynamik
Ein weiterer Schwerpunkt des Dialogs lag auf der Rolle der öffentlichen Beschaffung. Die öffentliche Hand gilt als bedeutender Hebel für nachhaltige Innovationen, jedoch kämpfen gerade kleinere Kommunen mit begrenzten Ressourcen und komplizierten Nachweisverfahren. Die Teilnehmenden waren sich einig: Harmonisierte und vereinfachte Zertifizierungen könnten Kommunen und öffentlichen Auftraggebern den Zugang zu biobasierten Produkten erleichtern – ohne zusätzlichen bürokratischen Aufwand.
Konkret wurden unter anderem die Integration biobasierter Kriterien in Ausschreibungsstandards sowie Anreizsysteme durch transparente Punktesysteme diskutiert. Mehr Vergleichbarkeit könnte zudem zu faireren Marktbedingungen und Kosteneinsparungen führen.
Herausforderungen: Transparenzdefizite und fehlende Anreize
Der Workshop machte jedoch auch deutlich, mit welchen Hürden eine Harmonisierung aktuell konfrontiert ist. Wissenslücken entlang der Lieferkette, zu viele teils widersprüchliche Nachhaltigkeitsclaims und ein Mangel an finanziellen Anreizen erschweren eine breite Umsetzung. Hinzu kommen strukturelle Hindernisse wie das Konkurrenzdenken zwischen bestehenden Zertifikaten sowie fehlende Standards für neue, innovative Produkte.
Besondere Sorge äußerten Teilnehmende über den zunehmenden Vertrauensverlust auf Seiten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Vielzahl von Labels und unklaren Definitionen befeuert den Verdacht von Greenwashing – ein Trend, der dringend umgekehrt werden muss.
Fazit: Harmonisierung als Chance für Glaubwürdigkeit und Markterfolg
Der Stakeholderdialog hat gezeigt: Der Wille zur Zusammenarbeit ist da. Eine intelligente Harmonisierung birgt enormes Potenzial, sowohl die Glaubwürdigkeit von Nachhaltigkeitsnachweisen zu stärken als auch den Marktzugang für biobasierte Produkte zu erleichtern. TransBIB wird diesen Dialog weiterführen und lädt alle Interessierten ein, den Prozess aktiv mitzugestalten.